Als vor einigen Jahren die geplante Reise in den Westen der USA anstand, hat mein Vater noch einmal seine alten Dias hervorgekramt. Irgendwann in den 70ern mit Spiegelreflex und irgendwas um 10 Rollen Film, also ca. 360 möglichen Auslösungen. Die Anzahl an Filmen hat ihn Erzählungen nach als Wahnsinnigen abgestempelt. Keine 400 Aufnahmen – ich vermute, dass ich persönlich am Grand Canyon mehr Bilder gemacht habe. Oder jetzt in diesem Moment auf dem Handy mit mir herumtrage.
Es ist ja schon eine tolle Sache: Trotz gigantischer Auflösung und Dateigröße speichert man ohne mit der Wimper zu zucken hunderte (und mehr) Aufnahmen auf eine einzige Speicherkarte ohne einen Cent für die Auslösung zu bezahlen. Und es ist richtig das auszunutzen: Das schlechteste Foto ist das, was man nicht gemacht hat. Nur stellt sich mir bei all den Fotos immer mehr die Frage nach dem Wert. Welchen Wert haben meine 4000 Fotos aus Amerika gegen die 350 von meinem Vater? Habe ich durch mehr Aufnahmen auch mehr Wert geschaffen? Es fühlt sich nicht so an.
Das Grundlegende Problem besteht dabei eigentlich gar nicht darin, viele Fotos gemacht zu haben. Das Problem ist, dass niemand 4000 Bilder ansehen will. Auch die spätere Auswahl von 400 nicht wirklich. Und nach einem Jahr alles nochmal aus der digitalen Mottenkiste auf den Fernseher zu projizieren macht doch – seien wir ehrlich – auch niemand. Ich glaube dass der (gefühlte) Mehrwert der alten Dias vor allen darin lag, dass es eben Dias waren. Fotos aus der realen Welt, tatsächlich greifbar.
Damals, bei der New York Reise, haben wir auch ein Album gemacht. Eines von den klassischen mit einzeln aufgeklebten Aufnahmen. Das ist mir gestern im Arbeitszimmer mal wieder in die Hände gefallen. Und wieder habe ich mir die Zeit genommen und es durchgeblättert, wie jedes Mal wenn ich es unerwartet finde. Habe mich zum x. mal an die Reise und die Momente, die Orte erinnert. Ich war seitdem an anderen Plätzen der Erde, habe auch bessere Fotos von dort mitgebracht. Aber anschauen tue ich mir immer wieder dieses Album.
Es ist nicht nur die einfache Verfügbarkeit, die so ein Album besonders macht. Ich stelle fest, dass ich Fotos für Alben sorgfältiger und bewusster auswähle. Man hat einen sehr begrenzten Platz, im Buch als Ganzen sowie auf jeder einzelnen Seite. Die Fotos müssen durch die Gruppierung auf Seiten auch noch untereinander passen und funktionieren, nicht nur für sich. Viel wichtiger aber noch: Fotos in einem Album werden ausgewählt um eine Geschichte zu erzählen. Deswegen ändert sich bei mir die Auswahl der Fotos vom digitalen zum analogen Album auch häufig noch einmal. Weg vom Bombast, hin zu den kleinen Details und Stimmungen. Am Ende halte ich die Geschichte meiner Reise in den Händen, nicht nur Abbilder der Orte.
Es muss ja nicht immer das Album sein. Das Fotobuch befreit einen vom lästigen Einkleben und ermöglicht auch aufgelockerte Designs in den unterschiedlichsten Formaten. Oder aber ihr belohnt euch für besonders gelungene Aufnahmen mit einem großformatigen Ausdruck: Für die Fotografen-Mappe oder für die Wand. Ein eigener Fotodrucker verringert den gefühlten Widerstand, den Schritt zu gehen.
Um es kurz zu machen: Setzt eure Bilder in Wert indem ihr sie von der Festplatte befreit. Petersburger Hängung für die persönliche Galerie. Kunstdrucke für euer Portfolio. Fotobücher für die Geschichten aus eurem Leben. Ihr werdet sehen, dass es einen Unterschied macht.
Es wird wohl Zeit, auch meine restlichen Reisen endlich zu Papier zu bringen.
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